Manchmal reicht ein kleiner Windstoß und ein ganzes Kartenhaus fällt in sich zusammen – so scheint es nun mit einem geheimen Assassin’s Creed-Projekt passiert zu sein, das Ubisoft kurzerhand gestrichen hat. Und dabei klang alles nach einem verdammt spannenden Setting.
Was war das für ein Spiel? Warum wurde es gecancelt? Und was bedeutet das für die Zukunft der Reihe?
Ein Assassin’s Creed nach dem amerikanischen Bürgerkrieg? Ja, das war echt geplant!
Laut einem Artikel von Insider Gaming war bei Ubisoft Quebec ein Assassin’s Creed in Entwicklung, das in der Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg angesiedelt war. Arbeitstitel: „Projekt Scarlett“.
Der Spieler hätte die Rolle eines ehemaligen Sklaven übernommen, der in den amerikanischen Süden zurückkehrt, um dem aufstrebenden Ku-Klux-Klan entgegenzutreten. Ein brisantes, mutiges und gleichzeitig hochaktuelles Setting – das jetzt nicht mehr kommen wird. Ubisoft hat das Projekt komplett gestrichen.
Und das kam nicht aus dem Nichts: Laut internen Quellen war das Spiel sogar schon recht weit fortgeschritten. Das Team bei Ubisoft Quebec soll mit dem Fortschritt sehr zufrieden gewesen sein. Doch dann kam der abrupte Cut.

Der Grund für das Aus: Schatten aus Shadows
Offiziell hat Ubisoft keine Details bekannt gegeben – aber laut mehreren Quellen hängt die Entscheidung mit dem Backlash rund um „Assassin’s Creed Shadows“ zusammen.
Dort sorgte der spielbare Charakter Yasuke, ein realer afrikanischer Samurai in Japan, für hitzige Diskussionen. Einige Fans störten sich daran, dass Ubisoft eine historische Figur in den Fokus stellte, die für sie nicht „ins Setting passt“ – ein Argument, das in der Community stark polarisiert hat.
Auch wenn viele Fans Yasuke einfach cool finden oder ihn ignorieren – die lauten Stimmen im Netz haben Wirkung gezeigt. Ubisoft scheint nun vorsichtiger geworden zu sein, was politisch sensible Themen angeht. Und das bekam Projekt Scarlett wohl direkt zu spüren.

Politischer Zeitgeist statt kreativer Freiheit?
Natürlich spielt auch der politische Kontext in den USA eine Rolle. Ein Spiel mit einem ehemaligen Sklaven als Protagonisten, der gegen den Ku-Klux-Klan kämpft – das ist keine leichte Kost.
Gerade in Zeiten von Social-Media-Shitstorms und extrem polarisiertem Meinungsklima ist so ein Projekt ein echtes Wagnis. Ubisoft hat sich offenbar dagegen entschieden, dieses Risiko einzugehen.
Dabei ist gerade Assassin’s Creed eine Reihe, die immer wieder mit historischen Ereignissen spielt und auch gesellschaftskritische Themen aufgreift. Doch mit dem wachsenden Druck von außen wird es offenbar schwieriger, solche Geschichten zu erzählen.
War das Spiel wirklich fast fertig?
Laut dem Artikel hätte das Spiel 2027 erscheinen können – was bedeutet, dass die Entwicklung schon recht weit vorangeschritten gewesen sein müsste. Ob das realistisch ist, darf bezweifelt werden.
Wenn man bedenkt, dass „Assassin’s Creed Hexe“ bereits offiziell angekündigt ist und als nächstes großes Spiel nach Shadows kommt, wirkt 2027 für ein weiteres AAA-Projekt etwas früh. Dazu kommt das sogenannte Nebula-Projekt, das unter anderem Indien als Setting haben soll und ebenfalls in der Pipeline steht.
Projekt Scarlett hätte also frühestens 2030 erscheinen können – wenn überhaupt. Vielleicht war es deshalb auch einfach ein Opfer strategischer Prioritäten.

Was sagt das über Ubisoft und seine Zukunft?
Ubisoft steckt schon länger in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Die Entwicklung von AAA-Spielen ist teuer, langwierig und risikoreich. Und ein Spiel wie Projekt Scarlett, das zwar kreativ spannend, aber politisch sensibel ist, wurde in dieser Situation wohl als zu heikel eingeschätzt.
Ein interessanter Nebenaspekt: Ubisoft hat kürzlich mit Tencent die Avantage Studios gegründet – ein Joint Venture, das die Entwicklung von Assassin’s Creed, Far Cry und Rainbow Six effizienter gestalten soll.
Tencent hält jetzt 25 % Anteile an Ubisoft Quebec – genau dem Studio, das an Projekt Scarlett gearbeitet hat. Zwar ohne Stimmrecht, aber mit Einfluss. Ob diese neue Partnerschaft Einfluss auf die Entscheidung hatte, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen – aber der Zeitpunkt ist zumindest auffällig.
Und was ist eigentlich mit Assassin’s Creed Jade?
Während Projekt Scarlett gestrichen wurde, wartet die Community weiter gespannt auf Assassin’s Creed Jade, das mobile AC-Spiel, das in China spielt und von Tencent mitentwickelt wird.
Es wurde bereits anspielbar gezeigt und machte einen sehr guten Eindruck – doch seither ist es still geworden. Vielleicht hängt das ebenfalls mit der neuen Studio-Strategie zusammen, vielleicht wurden einfach interne Prioritäten neu gesetzt.

Fazit: Ein mutiger Schritt – mit bitterem Beigeschmack
Die Absage von Projekt Scarlett ist ein Rückschlag für alle, die sich frische und gewagte Settings in Assassin’s Creed wünschen. Ein Spiel, das sich mit Rassismus, Vergangenheitsbewältigung und Gerechtigkeit beschäftigt hätte, hätte das Potenzial gehabt, ein emotional starkes und gesellschaftlich relevantes AC zu werden.
Doch Ubisoft scheint derzeit weniger Risiken eingehen zu wollen – und das ist verständlich, aber auch schade. Vielleicht war es einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Vielleicht hätte das Spiel nie funktioniert. Aber der Gedanke daran, was hätte sein können, bleibt.
Und wer weiß: Vielleicht kommt die Idee irgendwann in einer anderen Form zurück – wenn das Klima dafür besser ist.