Es gibt Spielereihen, die kommen und gehen – aber Assassin’s Creed? Das lebt. Und es wird wahrscheinlich noch viele Jahre leben. Warum das so ist? Weil Ubisoft eine ewige Marke geschaffen hat, die sich immer wieder neu erfinden kann – ganz egal, wie viel Kritik es zwischendurch hagelt.

Fast zwei Jahrzehnte ist es her, seit Assassin’s Creed 2007 das erste Mal in unsere Wohnzimmer kam. Was als Sci-Fi-Verschwörungsthriller in historischer Kulisse begann, ist heute eine der langlebigsten Marken der Gaming-Geschichte. Und wenn es nach dem ehemaligen Creative Director Alex Hutchinson geht, wird das auch so bleiben. Er nennt die Marke eine „Forever Brand“ – eine ewige Marke. Und wenn man sich die Entwicklung der Serie anschaut, klingt das gar nicht so weit hergeholt.
Die Idee war mal ein Ende – heute ist das Gegenteil der Fall
Was viele nicht wissen: Assassin’s Creed sollte ursprünglich gar nicht ewig laufen. Geplant war ein Abschluss der Geschichte rund um Desmond, der in einem spektakulären Finale ins All geht und dort mit einer Art Adam-und-Eva-Ende die Welt neu bevölkert. Das klingt heute fast absurd – vor allem, wenn man bedenkt, dass Ubisoft aktuell wohl an neun neuen AC-Spielen arbeitet.
Ein paar davon kennen wir bereits, wie etwa Assassin’s Creed Shadows, andere sind noch Spekulation – wie ein möglicher Multiplayer-Ableger im Stil von Fall Guys. Doch ob Einzelspieler oder Multiplayer – Ubisoft hat längst erkannt, was viele Studios erst lernen müssen: Man muss sich anpassen, wenn man überleben will.

Warum Assassin’s Creed nicht totzukriegen ist
Alex Hutchinson führt zwei entscheidende Faktoren an, warum AC trotz aller Höhen und Tiefen noch lebt – und weiterleben wird:
1. Das flexible Kernkonzept
Die DNA von Assassin’s Creed ist erstaunlich wandlungsfähig. Jede neue Ära bringt eine neue Hauptfigur, ein neues Setting, neue Gameplay-Elemente. Und doch bleibt der Kern gleich: Der ewige Kampf zwischen Ordnung und Freiheit. Templer gegen Assassinen. Unterdrückung gegen Widerstand.
Dieses Gerüst lässt sich fast überall draufstülpen:
- Mal ist es das antike Griechenland
- mal das viktorianische London
- mal das feudale Japan
Die Formel bleibt gleich, aber der Look verändert sich. Dazu kommt: Ubisoft hat das Gameplay im Laufe der Jahre ebenfalls immer wieder angepasst. Mal mehr RPG (Origins, Odyssey, Valhalla), mal wieder klassischer (Mirage). Mal eine Story-Offensive, mal mehr Fokus auf Open World und Exploration.
Und auch, wenn viele sich fragen: Ist das überhaupt noch Assassin’s Creed? – die Essenz bleibt erhalten. Das Konzept hat sich weiterentwickelt, nicht verloren.

2. Ubisoft als risikobereiter Publisher
Ob Ubisoft wirklich so risikofreudig ist, darüber lässt sich streiten. Sicher ist aber: Sie trauen sich, große Veränderungen in ihrer Flaggschiff-Marke durchzusetzen. Das komplette Genre wurde im Laufe der Jahre quasi gewechselt – von Action-Adventure hin zu Action-RPG.
Und ja, Assassin’s Creed ist vielleicht die einzige große Reihe, die diesen Wandel überlebt hat – und zwar ziemlich gut. Nicht jedes Experiment ist ein Volltreffer (Unity hust), aber der Mut zur Veränderung sorgt dafür, dass die Serie nicht stagniert.
Der Fluch und Segen der ständigen Neuerfindung
Eine der größten Stärken – und Schwächen – von Assassin’s Creed ist der stetige Wechsel der Hauptfiguren. Während andere Serien ihre Helden pflegen (man denke nur an Geralt in The Witcher), setzt AC auf Abwechslung. Ezio war eine Ausnahme. Die meisten Charaktere tauchen nur einmal auf – und verschwinden dann.
Für eine moderne, kurzlebige Zielgruppe ist das vermutlich ideal:
- Keine langen Story-Verpflichtungen
- Immer neue Reize
- Jedes Spiel ein neues Abenteuer
Gleichzeitig fehlt dadurch manchmal die emotionale Tiefe. Fans wie Hutchinson – oder viele von uns – würden sich wünschen, dass es wieder Charaktere gibt, zu denen man über Jahre hinweg eine Bindung aufbauen kann.

Die Gegenwartshandlung: Überflüssig oder unterschätzt?
Ein Reiz von Assassin’s Creed war immer auch die Rahmenhandlung in der Gegenwart – von Desmond bis Layla. Doch in den letzten Jahren wurde dieser Teil mehr und mehr zur Pflichtübung. Hutchinson sagt sogar, er würde sie am liebsten komplett entfernen. Und ehrlich? So ganz unrecht hat er nicht.
Denn:
- Viele Spieler empfinden die Gegenwartspassagen als nervig
- Sie unterbrechen den Flow der historischen Handlung
- Der eigentliche Zweck – die Welt zu retten – wurde nie wirklich zu Ende gedacht
Der ursprüngliche Plan, das Ende der Welt als großen Abschluss zu nutzen, wurde längst verworfen. Jetzt wirkt die Rahmenhandlung wie ein Schatten ihrer selbst. Ubisoft müsste hier entweder wieder konsequent erzählen – oder den Mut haben, diesen Strang endlich zu beenden.

Verkaufszahlen: Ein Dämpfer für Shadows?
Aktuell gibt es Berichte, dass Assassin’s Creed Shadows der schlechtestverkaufte Teil der Reihe sein könnte. Nur rund 4,3 Millionen Verkäufe nach 7 Monaten – im Vergleich zu den 20 Millionen von Valhalla ist das ein harter Schlag.
Natürlich spielen hier viele Faktoren mit rein:
- Marketing
- Konkurrenz
- Zeitgeist
Aber es zeigt auch, dass der ewige Erfolg nicht garantiert ist. Ubisoft muss aufpassen, dass die Marke nicht zur seelenlosen Content-Maschine verkommt. Und dennoch: Selbst bei schwachen Zahlen ist der Gewinn noch hoch genug, dass ein Weiterleben wirtschaftlich Sinn ergibt.
Fazit: Die Zukunft von Assassin’s Creed
Assassin’s Creed hat sich in den letzten 18 Jahren zu einem echten Chamäleon entwickelt. Ob Parkour-Action, RPG-Epos oder Mystery-Thriller – das Franchise hat sich nie davor gescheut, sich neu zu erfinden. Das flexible Konzept macht es fast unzerstörbar.
Doch mit jeder Neuerfindung steigt auch das Risiko, den Kern zu verlieren. Ubisoft steht vor der Herausforderung, alte Fans nicht zu verlieren und neue Fans zu gewinnen. Wenn sie dieses Gleichgewicht halten, dann steht uns vielleicht wirklich eine „Forever Brand“ bevor.
Und ganz ehrlich? Bei dem Potenzial, das in der Marke steckt – sei es Ägypten, China, Azteken oder viktorianisches London – würde es uns auch nicht wundern, wenn unsere Enkel noch in den Animus steigen.